Brahmananda Saraswati wurde am Donnerstag, 21. Dezember 1870, in eine Saryoopareen Panktipawan Gana Mishra Brahmin Zamindar Familie geboren: hoch angesehen, wohl bekannt, wohlhabend. Aller üblicher Komfort und Luxus des Lebens waren ihm als Kind zugänglich.
Gleichwohl verließ er im Alter von neun Jahren sein zu Hause, um der Welt zu entsagen. - Bis zu seinem siebzigsten Lebensjahr lebte Brahmananda Saraswati zurückgezogen, aber sein Ruf in Indien war inzwischen Legende.
Im Jahre 1940 ging vom Religiösen Verband Indiens eine Initiative aus, die von vielen fürstlichen Staaten unterstützt wurde. Es ging darum, eine geeignete Person zu finden, um den Ruhm des nördlichen Shankaracharya-Sitzes wieder aufblühen zu lassen.
Zum Verständnis: Vor etwa 2400 Jahren hatte Adi („der erste“) Shankaracharya (“Shankara”) der Befolgung der Vedischen Tradition eine neue Richtung gegeben. Shankara hatte vier Shankaracharya-Hauptsitze im Osten, Westen, Norden und Süden Indiens errichtet, deren Aufgabe es war, das Wissen von Advaita Vedanta zu tradieren und zu pflegen. Der nördliche Sitz in Jyotirmath war mangels einer qualifizierten Persönlichkeit die letzten einhundertundfünfundsechzig Jahre unbesetzt gewesen
Der Tradition nach konnte er nur jemandem anvertraut werden, der in einer reinen und namhaften Brahmanen-Familie geboren war und durch die Meister-Schüler-Kette einem der Shankaracharya Hauptsitze verbunden war. Er musste ein Swami sein, der dem asketischen Orden in Übereinstimmung mit den traditionellen Riten beigetreten war. Er musste gebildet sein, rechtschaffen, intelligent, sollte sich gut in den Veden auskennen und das Prinzip von Advaita oder Kosmischer Einheit verkörpern. Er sollte frei von Begierden und voller Selbstkontrolle sein, ein Experte in der Verbreitung von Techniken des Yoga und der Vereinigung mit dem Göttlichen.
All diese Voraussetzungen erfüllte Brahmananda Saraswati, nun siebzig Jahre alt, tatsächlich. Es war nicht leicht, ihn zu überzeugen, die Stille, die er so sehr liebte, aufzugeben und sich die Verantwortung der Verwaltung und der Wiederherstellung des einstigen Ruhms der Institution des Shankaracharya aufzubürden.
Nachdem viele Leute aus allen möglichen Lebensbereichen ihn bedrängten, stimmte er dem Vorschlag zu. Vorbereitungen für die Einsetzung waren im Gange. An Vertreter aus ganz Indien wurden Einladungen für die Zeremonie in Varanasi verschickt, die Teil der Beratungen der Neunten Gesamtindischen Sanatan Dharma Sammelan sein sollte.
Zwei Tage vor dem Stichtag verschwand Brahmananda Saraswati und niemand wußte, wo er war. Es gab ein ziemliches Durcheinander wegen seines Verschwindens. Swami Gyanandji Maharaj, ein angesehener Mann in der Gesellschaft, befürwortete eine ruhige und ausgewogene Behandlung der Situation sowie eine Verschiebung der Konferenz. Mit einer Flut von Telegrammen und Ferngesprächen wurde das Treffen in letzter Minute auf unbestimmte Zeit verschoben, während die Suche nach dem Verbleib von Brahmananada Saraswati weiter ging.
Einundzwanzig Tage später tauchte er aus eigenem Antrieb wieder in Varanasi au£ Die Nachricht von seiner Ankunft verbreitete sich wie ein Lauffeuer und innerhalb einer Stunde, etwa gegen 23 Uhr, suchte ihn eine Gruppe gebildeter Leute auf, um die Bitte zu wiederholen, dass er seiner Ernennung zum Oberhaupt von Jyotirmath zustimmen möge, da er allein in der Lage sei, den spirituellen Geist dieses Shankaracharya-Sitzes nach 165 Jahren wieder zu beleben
Brahmananda Saraswati schwieg, was als Zustimmung ausgelegt wurde. Er wurde nicht gebeten, sich einer formellen Einsetzungszeremonie im Konferenzsaal zu unterziehen.
Bei Sonnenaufgang des ersten April 1941 kam eine kleine Delegation ausgewählter Leute unter der Führung des Swamis Gyanandji Maharaj in seinen Ashram. Diesen Ashram in Sidhigiribagh, bekannt als Brahmniwas, hatte Brahmananda Saraswati fünf Jahre vorher im Gedenken seines Meisters errichtet, in dessen Namen er auch den Shri 1008 Swami Krishnanand Saraswati Trust gegründet hatte. Brahmananda Saraswati wurde unter Beachtung der traditionellen Regeln eingesetzt. Nach dem Ritual wurde er in einem feierlichen Umzug zum Ort der Konferenz getragen, wo ihm traditionsgemäß unter dem Klang von Muschelhörnern und dem Gesang Vedischer Hymnen ein stürmischer Empfang bereitet wurde. Der Maharaja des Staates Darbhanga ehrte Brahmananda Saraswati und ernannte ihn formell zum “Shri Jyotishpeethodwarak Brahmleen Jagadguru Bhagwan Shankaracharya Shrimad Swami Brahmananda Saraswatiji Maharaj”, Oberhaupt des wiedergegründeten (nördlichen von Adi Shankara gegründeten Ashrams, ) Jyotirmath, Badrikashram.
© 2022 Anke Beumann