Transzendentale Meditation und Soziologie
5 Ahimsa: Friedfertigkeit, Gewaltlosigkeit - Soziologische Aspekte der Meditation
Yoga-Sutras II, 16: Heyam Duhkham Anagatam (That is why pain which is yet to come is to be discarded [What is to be escaped is the pain not yet come]). – Vermeide die Gefahr, bevor sie entsteht. Angesichts der zentralen Rolle von Ahimsa (Gewaltlosigkeit, s.o.) im Yoga-System von Patanjali bietet sich die Hypothese an, eine größere Zahl Meditierender könnte einen gewaltmildernden Einfluss in der Gesellschaft ausüben. Über soziologische Auswirkungen der Meditation im Sinne von Gewaltlosigkeit gibt es daher eine Fülle von Studien und Veröffentlichungen. In einigen dieser Studien wurden auf Basis der Transzendentalen Meditation zusätzlich verschiedene Siddhi-Techniken (Buch III der Yoga-Sutras von Patanjali) ausgeübt.
Wir zitieren hier eine beschränkte Auswahl.
Bleick (1987) fand weniger Rückfälle in einer Untersuchung von 259 Verurteilten, die während der Haft TM gelernt hatten, innerhalb der darauffolgenden fünf Jahre im Vergleich zu Kontrollgruppen und zu Vergleichsmaßnahmen wie Nacherziehung im Gefängnis, beruflicher Ausbildung und Psychotherapie.
Eine größere Anzahl ex-post und experimentell angelegter Studien schließen von ihren Resultaten auf Beziehungen zwischen der Anzahl Praktizierender der TM in einer Region bestimmter Größe und Bevölkerungsdichte und Indices der Lebensqualität wie Kriminalität, Unfallrate und Krankheiten. In 24 Städten der USA, in denen der Anteil Meditierender 1972 ein Prozent überschritt, wurde bei einem über fünf Jahre – bis 1978 – dauernden Vergleich mit 24 demographisch äquivalenten Kontrollregionen mit unwesentlichem Anteil Meditierender in der Bevölkerung ein Absinken der Kriminalität ersterer gegenüber letzteren beobachtet (Dillbeck et al., 1981). Zeitreihenanalysen der Kovariation der Gruppengrößen gemeinsam Meditierender mit der Verringerung der Anzahl Gewaltverbrechen, die über zwei Jahre im District Columbia durchgeführt wurden, lassen die Autoren eine systematische Beziehung zwischen beiden annehmen (Dillbeck et al., 1988). Eine Ausweitung auf weitere Indizes der Lebensqualität enthüllte signifikante Verbesserungen in der Verkehrsunfallrate, der Anzahl Verkehrstoter, anderer Todesraten, des Pro-Kopf-Verbrauches an Bier und Zigaretten, der Arbeitslosenrate und der Luftverschmutzung (Dillbeck, 1987[2]).
Ebenfalls als TM-Wirkungen auf höherer Ebene – eines Feldes von kollektivem Bewusstsein, „field of collective consciousness“ – wurden Verbesserungen der Lebensqualität in Israel in einer weiteren Studie von Orme-Johnson et al. (1988) interpretiert: Abnahme der kriegsbedingten Todesfälle und Abnahme der Intensität der Kampfhandlungen im Libanon; Anstieg der Börsenwerte in Tel Aviv, Abnahme der Kriminalität in Israel; Abnahme der Kriminalität, der Autounfallraten und Feuersbrünste in Jerusalem, wo die Gruppe stationiert war und im benachbarten Libanon als Folge kollektiv praktizierter Meditation. Die Anzahl der Teilnehmer hatte die ungefähre Größe der Quadratwurzel von einem Prozent der Bevölkerung Israels. Dieser Artikel blieb nicht ohne Widerspruch und entfachte eine Diskussion zwischen Schrodt (1990) und Orme-Johnson et al. (1990) in der Fachliteratur.
Auf die für das Erreichen von Yoga zentrale Bedeutung von Ahimsa (Gewaltlosigkeit) innerhalb von Yama wurde bereits oben hingewiesen. Die Anwendung der Meditation als Ahimsa-(Gewaltlosigkeit) fördernde Technik bietet sich von daher an, etwa vergleichbar der Logik, mit der Menschen für den Frieden beten. Frieden oder Gewaltlosigkeit sollte zunächst im eigenen Inneren beginnen, denn ein äußerer Friede in der Gemeinschaft bei ungelöstem innerem Gewaltpotential der die Gemeinschaft konstituierenden Individuen ist nicht denkbar. Wir messen diesem Aspekt einiges Gewicht bei und verweisen Interessierte auf die Literaturangaben in dem Kapitel 4.6.3 (Metaanalysen von Dillbeck zum Thema Meditation und Strafvollzug 1987, sowie Alexander zum Thema Tabak-, Alkohol-, Drogenmißbrauch 1991).
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